Es muss ein Ruck durch (Bier-)Deutschland gehen
Es dürfte keinem entgangen sein, was da in den letzten Tagen über die Deutsche Brauindustrie in den Nachrichten zu hören und zu lesen war. Vielen war das klar, aber noch mehr Leute denken darüber auf der Suche nach dem billigsten Kasten Bier nicht nach. Wenn man zuweilen mehr als das Doppelte für ein handwerklich gebrautes Bier ausgibt, das Aroma und Geschmack aufweist, wird man vom „Industriebiertrinker“ nur ungläubig angeschaut. Auf Partys oder anderen Feierlichkeiten kein „Fernsehbier“ vorrätig zu haben, grenzt da schon manchmal an Missachtung des Gastes. Das könnte ich jetzt alles weiter ausführen und mich darüber aufregen, aber alles, was man dazu sagen kann und muss, hat Norbert Krines schon gesagt. Er hat das auf seiner Facebook-Seite „Das Bier des Tages“ niedergeschrieben, eine unabhängig davon sehr sehenswerte Fanpage, die sich hauptsächlich mit den Fränkischen Bieren beschäftigt. Da nicht jeder auf Facebook-Links klicken mag und weil man bei FB (zumindest hab ich es noch nicht heraus gefunden) nicht direkt auf einen Post, sondern nur auf die Seite an sich verlinken kann und der Post damit irgendwann in den Tiefen von FB verschwindet, habe ich hier mal den wesentlichen Teil für Euch zitiert. Nach dem Klick.
Leute, ich mache sowas ja normalerweise nicht, aber es hilft nichts. Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen! Also nicht so „a Ruckerla“ wie damals nach der Herzog-Rede. Es muss sich was tun. Also erzählt diesmal euren Freunden von diesem Artikel, diskutiert mit ihnen, stoßen wir gemeinsam etwas an, denn so kann es nicht weitergehen.
Ihr habt es ja gestern sicher mitbekommen: Das Bundeskartellamt hat die großen deutschen Brauereien wegen verbotener Preisabsprachen im Visier. Ich will jetzt nicht sagen, dass mich das überrascht hätte. Nun, vielleicht doch ein wenig – aber nur die Zahl, dass gut ein Dutzend Brauereien einen Marktanteil von 50% haben können. Ja trinkt denn jeder außerhalb Frankens nur Fernsehbrühe?
Liest man den Focus-Artikel auf den sich alle im Moment berufen, enthält der Rest des Artikels kaum mehr Aufreger: Dass das Dutzend gut 24 Marken braut, dass sie sich untereinander abgesprochen haben sollen – auch beim Bier gilt die Unschuldsvermutung bis zum Beweis! Das hat doch jeder schon geahnt, der zwei und zwei zusammenzählen kann. Ende Januar 2012 veröffentlichte die Zeitung Der Handel (Das Wirtschaftsmagazin für den Einzelhandel) zum Beispiel eine Studie, nach der 2011 zwei Drittel (!) der gekauften Kästen Bier bei Rabattaktionen verkauft worden seien. 2004 sei es dagegen nur ein Drittel gewesen. Und die Rabattaktionen wechseln sich wöchentlich ab: KW1 dieses Fernsehbier für irgendwas unter 10€, KW 2 die nächste Brauerei usw. Zufall? Könnte man so glauben. Schließlich kaufte 2011 jeder 10. seine Kiste Premium Bier nicht mehr über 10€. geiz ist geil und im Bier darf ja dank Reinheitsgebot kein Pferdefleisch mehr drin sein! Einen geschmacklichen Unterschied können die meisten Konsumenten eh nicht ausmachen, das zeigte ein Versuch der ZDF Zoom-Redaktion. Gleicher Geschmack, gleiches Marketing und gleiche Preise. Ist das die vielgelobte deutsche Bierkultur?
Aber die Bier-Industrie ist nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite stehen wir Konsumenten. Die sind alles andere als eine Homogene Gruppe. Auf der einen Seite ist die Geiz ist geil-Mentalität. Ich will jetzt gar nicht über die Großbrauerei mit den blauen Kästen, der weißen Schrift und den neuerdings grünen Kronkorken herziehen. Denn die sind beileibe nicht mehr das untere Ende des (Preis-)Niveaus! 2010 schockte ein Bericht auf Spiegel online über den Preiskampf beim Bier mit Preisen von 3,99 oder gar 2,99€ – pro Kiste wohlgemerkt! Was läuft schief, wenn das Pfand mittlerweile teurer ist, als der Inhalt???
Auf der anderen Seite stehen wir Bierfreunde und die Craft-Bier-Szene, die durchaus auch schon mal bereit sind, Literpreise von fünf bis über zehn Euro pro Liter auszugeben. Auch diese Preise werden mitunter heftig diskutiert. Steht dem Preis ein realer Mehrwert gegenüber? Schließlich ist es letztenendes auch „nur“ Bier, was da in Champagnerflaschen o. ä. gefüllt wird. Auch diese Diskussion ist eine Folge der „vergifteten“ Preise auf dem deutschen Biermarkt.
Die leidtragenden bei dieser Diskussion gehen währenddessen unter. Denn nicht um uns Konsumenten und unser geliebtes Feierabendbier sollte es gehen, nicht um die Marktkonzentration, nicht um Einheitsgeschmack … Es sind die unzähligen kleinen Familienbetriebe, die ordentliches Bier brauen – oft noch wirklich handwerklich. Biere, die den Namen Braukunst noch verdienen. Brauereien, hinter denen nicht multinationale Konzerne mit entsprechenden Interessen stehen. Wer sich die statistischen Zahlen zur Brauereilandschaft anschaut – mich interessiert sowas ja –, der hat es sicher auch schon gemerkt: Die Klein- und Kleinstbrauereien auf dem Dorf werden wahrscheinlich überleben. Die Großen und ganz Großen der Branche sicher auch. Der Mittelstand geht den Bach runter. Und gerade der macht eine Vielzahl der deutschen und auch der fränkischen Biere aus.
Leute, ich will das nicht hinnehmen! Und ich würde mir wünschen, dass viele sich diesem Aufruf anschließen würden.
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen, außer: Unterstützt das Brauhandwerk, den Mittelstand, bierverrückte Mikrobrauer, gebt ein wenig mehr Geld für wirklich gutes Bier aus, probiert Neues aus – es gibt so unendlich viel zu entdecken. Und bringt nicht immer das Preisargument! Ihr bezahlt in der Kneipe auch mehr als 2€ für die Industrieplörre.